der raum

ES LEBE DAS AUNDV! (Ab 2015)

Der AundV e.V. ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung von Kunst und Kultur im Leipziger Westen.

2007 öffnete die A und V Projekt- und Hörgalerie in Leipzig Lindenau ihre Türen und wurde als Non-Profit Kunstraum von KünstlerInnen und KunstvermittlerInnen gemeinschaftlich betrieben. Der nichtkommerzielle Projektraum verstand sich als Experimentierfläche und Schnittstelle. Ein Schwerpunkt im Programm lag auf Klangkunst – hier spannte sich der Bogen von Soundinstallation bis zum Konzert. Ein weiterer Fokus lag auf kollaborativen Konzepten. Dies waren Kooperationen von einzelnen KünstlerInnen, Projekte mit anderen Kunsträumen im Rahmen von Netzwerken sowie die Zusammenarbeit mit PartnerInnen und Initiativen des gesellschaftlich-politischen Feldes.

Am gewählten Standort war die AundV Projekt- und Hörgalerie von Anfang an als temporäres Projekt angelegt. Im Sommer 2013 hat sie nach fünfeinhalb Jahren ihre Tür in der Lützner Straße 30 geschlossen, die Tür des Hauses bleibt aber geöffnet, denn um den Freiraum des Ortes zu erhalten und die Weiterentwicklung der BetreiberInnen-Gruppen zu ermöglichen, hat der Verein das Haus in der Lützner Str. 30 im Jahr 2012 gekauft. Der Kauf des Hauses kann die langfristige Verortung im Stadtteil garantieren und den Anteil an gesellschaftskritischen und spartenübergreifenden Projekten im Viertel erhöhen.

Gemeinsam mit weiteren Kunsträumen hat die AundV-Galerie im Stadtteil das „Netzwerk der unabhängigen Kunsträume Leipzig Lindenau – Lindenow“ gegründet. In diesem Verbund ist auch das AundV weiter aktiv. Übergeordnetes Ziel der im Netzwerk verbundenen Akteure, KünstlerInnen, KuratorInnen und VermittlerInnen ist es, sich im Mittelpunkt einer rasanten Stadtentwicklung bewusst mit dem vorhandenen Raum und den sie umgebenden Ort auseinanderzusetzen.

Der Projektraum im Erdgeschoss wird jetzt in Kooperation mit der offenen Bibliothek „translib. Ein communistisches Labor“ betrieben. Die Räume der translib bieten verschiedene Nutzungsmöglichkeiten; sei es für gesellschaftskritische Lesekreise, sei es für Veranstaltungen, sei es um in den umfangreichen Buchbeständen zu stöbern.

Das AundV steht emanzipatorischen, nicht-kommerziellen kulturell-künstlerischen Nutzungen, Projekten der kulturell-politischen Bildung und für freie Gruppenarbeit zur Verfügung. Selbstorganisierten Initiativen und Zusammenhängen wird so ein Ort geboten, um Workshops durchzuführen, Ausstellungen zu organisieren oder andere Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Der AundV unterstützt kulturelle, gesellschaftliche und politische Projekte. Bei Interesse für eine Raumnutzung könnt ihr gerne mit uns in Kontakt treten.

 

KUNSTRAUM – RAUMKLANG – KLANGKUNST (2007-2013)

Ausgangssituation

Lindenau ist ein Stadtteil in Leipzigs Westen, welcher nach seiner Blütezeit in der ehemaligen DDR mit dem Zusammenbruch dortiger Industrieproduktion und damit verbundener Abwanderung vieler Bewohner zunehmend verfiel.
Heute ist das Stadtbild in erheblichem Maße von Industriebrachen und hoher Arbeitslosigkeit geprägt, was es schwer macht, sich an die ehemalige Pracht des Viertels zu erinnern.
Historisch gewachsen war nicht nur eine florierende Industriegemeinde, das Gebiet um den Lindenauer Markt hatte vielmehr auch eine wichtige Position in Sachen Vergnügen, Unterhaltung und Erholung inne.
Diese Funktion lässt sich anhand der Musikalischen Komödie, dem Theater der jungen Welt oder dem LOFFT noch heute nachvollziehen, jedoch hat sich der wirtschaftliche Hintergrund eines Großteils der Bewohner Lindenaus mit den Jahren stark verändert und Kultur ist zum unerschwinglichen Luxus geworden.
In schlechten Jahren beziehen hier deutlich über 30% der Menschen Arbeitslosengeld II und eine Motivation in Lindenau zu leben sind für viele die verhältnismäßig niedrigen Mieten.

Auf der Suche nach günstigem Arbeits- und Wohnraum hat Lindenau jedoch genau dadurch in den vergangenen vier Jahren für Künstlerinnen und Künstler, Studierende und unabhängige Initiativen an Attraktivität gewonnen.
Die Wiederbelebung zahlreicher leerstehender Häuser bzw. ganzer Straßenzüge ist die Antwort auf die Frage, an welchem Ort sich die Gestaltung individueller Lebens- und Geschäftsentwürfe bezahlbar verwirklichen lässt.
Die Ausgestaltung vorhandener, allem voran räumlicher Möglichkeiten ist Wiederbelebung in vielerlei Hinsicht. Mit dem Beziehen leerstehender Häuser wächst nicht nur die Dichte an Bewohnern, sondern auch die Vielfalt an Kultur.
Der nachfolgend beschriebene, unabhängige Kunstraum „AundV Projekt- und Hörgalerie“ stellt auf zeitgenössische und innovative Art die Verbindung zwischen der historisch verankerten Funktion Altlindenaus und den aktuellen soziokulturellen Bedingungen der Bewohner her.

Betrachtet man das Wort „Industrie“ in seiner Herkunft der Betriebsamkeit und des Fleißes, so dokumentiert der Blick auf Lindenau offenkundige Neubelebung, Motivation zur Eigeninitiative und großen Zuspruch der Bevölkerung.

Konzeption und Selbstdarstellung

Die AundV Projekt- und Hörgalerie, gegründet im September 2007, ist ein eigenständiger freier Kunstraum und Verein im Leipziger Stadtteil Lindenau. Neben der eigenen Arbeit ist das AundV Mitglied des Netzwerkes unabhängiger Kunsträume Leipzig Lindenau, einem Zusammenschluss, dem neun weitere Kunsträume im Viertel angehören.
Der Kunstraum befindet sich in einem ehemaligen Wächterhaus in der Lützner Straße und ist für den Großteil der Betreiber neben Ausstellungs- zudem Lebens- und Arbeitsraum.
Die Mitglieder setzen sich zusammen aus Künstlern und Kulturschaffenden, die nach Abschlüssen am Bauhaus in Weimar, der HGB in Leipzig und der Uni Hildesheim eine Eigeninitiative gegründet haben, um für künstlerische Inhalte jenseits von Galerie und Museum eine Plattform zu schaffen.
Neben Fotografie, Zeichnung, Video sowie skulpturalen Arbeiten wird sich in der AundV Projekt- und Hörgalerie verstärkt dem erlebbaren Hören und Sehen gewidmet.
Sprache und Geräusche werden mittels Live-Hörcollagen, Klangperformances und Installationen in den Vordergrund geholt und haben Bedeutungsvermittlung sowie die Verschiebung von Deutungsgewohnheiten zum Anliegen.

Letzterer Aspekt spiegelt sich schon in der Namensgebung des Kunstraumes.
Schaut man sich auf der Lützner Straße um, so stößt man aller 20 Meter auf einen A&V, einen An- und Verkauf. „AundV“ lehnt sich natürlich an das Bild der Nachbarschaft, kann jedoch in diesem Zusammenhang auch Ampere und Volt oder audio und visuell bedeuten.
Schon der Name allein sorgt für Kontakt mit den Anwohnern und das Andocken an deren Deutungsgewohnheiten. Die häufige Nachfrage, ob und wann der neue An- und Verkauf seine Pforten öffnet, ist eine Reaktion auf technische Geräte bei einem Blick durch die Glasfront. Dass diese für Ausstellungen aufgebaut werden, ist hier zunehmend nicht mehr sonderbar, sondern schürt das Interesse für das, was da genau passiert.

Das Programm ist, wie oben schon genannt, sehr vielfältig. Ausstellungen der bildenden Kunst, etwa Skulptur, Grafik oder Fotografie finden ebenso ihr Publikum wie darstellende Kunst in Form von Konzerten, Lesungen oder Performances.
Als Schnittstelle beider Künste und als besonderes Anliegen der AundV Projekt- und Hörgalerie ist die Klangkunst zu nennen.
Das Zusammenspiel visueller und räumlicher Aspekte stellt den Klang ins Zentrum, wobei das Spektrum an erzeugten und wahrzunehmenden Tönen von akustischen und elektronischen
Apparaturen über Alltagsgeräusche bis hin zur Stille selbst führt.

Ausgestellt wird sowohl von den Betreibern des Kunstraumes selbst, als auch von Gastkünstlern. Zum einen werden gezielt KünstlerInnen eingeladen, deren Arbeit im AundV einen passenden Rahmen findet, zum anderen wird aus vielzähligen Anfragen Kunstschaffender ausgewählt, die auf den Kunstraum aufmerksam geworden sind und die Konzeption einer Ausstellung vorlegen.
Kriterium für die Entscheidung diese oder jene Kunst zu zeigen ist nicht allein das bloße Gefallen, sondern auch das Berühren aktueller gesellschaftlicher Belange.
Durch die thematische Diversifikation findet der Betrachter in den Arbeiten Impulse aus der direkten Umgebung Lindenaus ebenso wie den Blick über den Tellerrand.

Ausstellungen finden regelmäßig statt, jedoch ohne ein monatelang im Voraus geplantes Programm.
Diese Beweglichkeit ist Struktur und ermöglicht den Betreibern ein stetes Eingehen auf neue Ideen und die Arbeit am Puls der Zeit.

Text: Anne Rennert